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Alte Fernseher auf denen teilweise noch etwas gezeigt wird in einer dunklen Umgebung (Foto: Michelle Pieczyk)
Grusel, Schauder, Horror – Halloween ist noch nicht vorbei! (Foto: Michelle Pieczyk)

Japanische Horrorfilme für die dunkle Jahreszeit

Ein Beitrag von Michelle Pieczyk

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Halloween ist zwar schon vorbei, aber das heißt nicht, dass man sich nicht mehr einen Schauer über den Rücken jagen lassen darf. Gerade dazu ist die dunkle Jahreszeit perfekt geeignet. Besonders japanische Horrorfilme laden zum Gruseln ein. Denn sie versprechen einen etwas anderen Horror: Anders als viele amerikanische Filme verzichten japanische Horrorfilme häufig auf exzessive Jumpscares und Splattereffekte. Sie zeichnen sich vor allem durch subtilen, atmosphärischen und psychologischen Horror aus. Dabei ist auch die Bandbreite von japanischem Horror faszinierend: Neben Filmen, die einen aufschrecken lassen oder sogar zum Würgen bringen, gibt es auch Filme, die zum herzhaften Lachen anregen oder tiefgründige Gedanken auslösen.

Stummfilm: A Page of Madness (狂った一頁 , Kurutta Ippēji ) 1926

A Page of Madness ist ein experimenteller Horrorstummfilm von Teinosuke Kinugasa. Der Film galt 45 Jahre lang als verloren, bis er 1971 wiederentdeckt wurde. Dabei soll etwa ein Drittel des Inhalts fehlen. Ob das, Auswirkungen auf das Verständnis des Films hat, sei dahin gestellt. Denn gerade damit spielt er auch. A Page of Madness erzählt nämlich zusammenhangslos die Familiengeschichte eines Hausmeisters einer psychiatrischen Anstalt. In dieser Anstalt ist seine Frau Patientin und diese versucht er zu befreien. Doch im Laufe der Handlung kommen immer mehr Familienhintergründe ans Licht. Der Film ist ein Mix verschiedenster Filmtechniken: Von schnellen Cuts und Rückblenden bis hin zu optischen Illusionen ist alles dabei, was die damalige Zeit zu bieten hatte. Wichtig und zugleich überraschend für deutsche Zuschauer ist, dass der Film ohne Zwischentitel arbeitet. Das, was zum Beispiel bei Nosferatu (1922) über reine Text-Sequenzen vermittelt wird, war zu der Zeit in Japan der Job eines Benshi (Geschichtenerzähler).

Der Film reizt durch seinen alten Charme und die geschickte Verwendung des Narrativs einer Irrenanstalt, um Zuschauer:innen auf mehreren Ebenen zu verwirren. Eine besondere Art des Stummfilms, der eine Chance verdient hat.

Samurai und Revengestory: Demons (修羅, Shura) 1971

Demons ist ein düsteres Horror-Drama von Toshio Matsumoto. Der Film handelt von dem Rōnin (herrenloser Samurai) Gengobe. Dieser ist auf Rache aus, weil er den Tricks einer Geisha  (Unterhaltungskünstlerin) zum Opfer gefallen ist. Überraschende Wendungen, psychologischer Horror und tiefe menschliche Abgründe: Das verspricht dieser Klassiker in Schwarz-Weiß.

 

Ein etwas anderer Film: House (ハウス, Hausu) 1977

House ist ein künstlerisch-surrealer Film, der besondere Spezialeffekte benutzt, wie grelle Farben und plötzlich einsetzende Animationen. Dies lässt den Film wie einen lebhaften Albtraum erscheinen. Passend dazu handelt es sich ebenso um Comedy-Horror. Dieser besondere Film von Nobuhiko Obayash erzählt die Geschichte einer Freundesgruppe, in welcher alle skurrile Spitznamen tragen:  Gorgeous, Prof, Melody, Kung Fu, Mac, Sweet und Fantasy. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg, die Tante eines der Mädchen zu besuchen. Doch das, was zunächst wie ein harmloser Besuch aussieht, verwandelt sich bald in einen Albtraum, als das geheimnisvolle Haus beginnt, die Mädchen eine nach dem anderen auf kuriose Weise zu verschlingen.

Body Horror: Tetsuo: The Iron Man (鉄男, Tetsuo) 1989

 Tetsuo: The Iron Man von Shin’ya Tsukamoto ist ein experimenteller Body Horror Film in Schwarz-Weiß, mit so gut wie keinem Dialog und eindrucksvoller Industrial-Musik. Der Film dreht sich um einen Metall-Fetischisten und einen Geschäftsmann, die nach unterschiedlichen Vorfällen schrittweise zu grotesken Maschinenwesen mutieren. Tetsuo: The Iron Man bildet den Grundstein des japanischen Cyberpunk Genres und ist in seinen 67 Minuten nichts für schwache Nerven.

Technologischer Horror: Pulse (回路, Kairo) 2001

Die meisten kennen wahrscheinlich den amerikanischen Horrorfilm Pulse-Du bist tot, bevor Du stirbst (2006), aber wie viele kennen wohl das Original Kairo von Kiyoshi Kurosawa? Die Handlung ist grundsätzlich dieselbe: Geister kommen durch das Internet in die reale Welt und bringen die Lebenden um. Doch während das amerikanische Remake auf Jumpscares und sehr grotesk aussehende Geister setzt, verhält sich das japanische Original indirekter und setzt auf subtilere Gruseleffekte, die es einem kalt den Rücken hinunterlaufen lassen. Vor allem dann, wenn man diese Art von Horroreffekten nicht gewohnt ist.

Found-Footage-Horror : Noroi: The Curse (ノロイ, Noroi) 2005 und Occult (オカルト, Okaruto) 2009

Found-Footage Filme sind bekannt dafür, dass sie möglichst real wirken sollen, oft sogar wie ein echter Dokumentarfilm statt eines Spielfilms (Mockumentary). Bekannte amerikanische Beispiele sind Filme wie Paranormal Activity (2007) und The Blair Witch Project (1999). Zwei japanische Gegenstücke sind Noroi: The Curse und Occult vom Regisseuren Kōji Shiraishi. In beiden Filmen geht es um jeweils eine Dokumentarfilmcrew, die mysteriösen Geschehnissen auf die Spur geht. Um nicht zu viel vorwegzunehmen, folgen zwei kurze Umrisse der Handlungen.

In Noroi geht es um den Journalisten und Experten für das Paranormale Masafumi Kobayashi, der eine Serie unerklärlicher Vorfälle sowie mysteriöser Todesfälle untersucht. Diese lassen sich wohl auf den Einfluss einer bösen Entität namens Kagutaba zurückführen.

In Occult rollt eine Dokumentarfilmcrew einen drei Jahre alten mysteriösen Fall wieder auf: Ein Mann hat zwei Frauen erstochen, einen weiteren Mann schwer verletzt und sich anschließend von einer Klippe ins Meer gestürzt. Seine Leiche wurde jedoch nie gefunden. Es folgt eine Offenbarung an seltsamen Zufällen und Parallelen durch diverse Interviews mit den Überlebenden, wobei ebenfalls die seltsamen Geschehnisse rund um das überlebende Opfer dokumentiert und verfolgt werden.

Diese Filme sind sehenswert, da sie trotz ihrer Ähnlichkeit zu The Blair Witch Project nicht einfach nur aneinander gereihte Found-Footage Aufnahmen sind, sondern richtige Dokumentarfilme. Dadurch sind sie auf eine andere Art und Weise unangenehm, da mit der Auffassungsgabe der Zuschauer:innen gespielt wird.

Zuletzt ist noch interessant, dass es von Occult auch einen zweiten Teil gibt: Welcome to the Occult Forest: The Movie (オカルトの森へようこそ THE MOVIE, Okaruto no mori e youkoso) 2022. Der Film ist kein direktes Sequel, aber es gibt viele Bezüge zum ersten Teil. Gerade weil es sich auch um denselben Dokumentarfilmregisseur aus Occult handelt. Allerdings ist dieser Film eher als Horror-Komödie zu verstehen, das heißt, es gibt viele Momente zum Schaudern und mindestens genauso viele zum Schmunzeln.