Kultur
brandneu auf der [97.1]
Ein Beitrag von Philipp Kerkes, Dennis Rettberg, Marlene Guthseel und Sonka Hinders
Jede Woche bringt hochschulradio düsseldorf neue Musik auf die 97.1. Wir spielen sowohl die angesagteste Musik aus dem Kosmos der Alternative-Szene als auch die besten Newcomer:innen und Geheimtipps. An dieser Stelle präsentieren wir jede Woche die Hintergründe zu unseren neusten Favorit:innen - diese Woche mit Blossoms, Coach Party, Ibeyi, Aluna & Jayda G, Chai, Das Paradies, Fontaines D.C., Keg und Mia Morgan.
Blossoms - Born Wild
Das vierte Album der Band Blossoms ist endlich da. Nach fast zweieinhalb Jahren ist am 29. April "Ribbon Around A Bomb" erschienen. Die Platte klingt deutlich reifer und experimentierfreudiger, was den Sound angeht. Immer wieder lassen die fünf Musiker neue Einflüsse in ihre Songs, was für einen diverseren Klang sorgt, als man ihn von Blossoms kennt. Einer der Songs, die herausstechen ist "Born Wild", der mit viel Gitarre und erstaunlich wenigen Synthesizern auskommt. "Born Wild" feiert die Melancholie, aber auf eine überraschend positive Weise. Denn es geht darum, jetzt noch alles zu erleben, durch das eigene Leben und Erleben zu rauschen, bevor es vollends bergab geht.
Musikvideo: Blossoms - Born Wild
Musikvideo: Coach Party - Shit TV
Coach Party - Shit TV
Ende April haben die britischen Newcomer:innen Coach Party ihre neue EP "Nothing Is Real" veröffentlicht. Der Song "Shit TV" ist für die Band von der Isle of Wight nicht einfach nur irgendeiner von mehreren EP-Tracks, sondern ihr Lieblingstrack auf der EP, wie sie in einem Interview mit dem britischen Musikmagazin Dork erläutert haben. Besonders wichtig sei ihnen das Gitarrenriff von "Shit TV", mit dem sie lange experimentiert hätten, bis der Indierock-Song endlich seine endgültige Form erlangt habe. Die begleitenden Live-Bilder aus dem Musikvideo zu "Shit TV" lassen hoffen, dass Coach Party in Zukunft auch mal für ein paar Konzerte bei uns in Deutschland vorbeischauen.
Ibeyi - Rise Above (feat. Berwyn)
Oft meckern Geschwister übereinander, manchmal sollte man sie aber auch einfach mal lieb haben! Das ist so ein bisschen der Eindruck, der aus "Spell 31" heraus kommt, dem neuen Album des Geschwisterduos Ibeyi. Während nämlich die letzten Alben ihre französisch-kubanischen Wurzeln, Kultur oder auch Themen wie Rassismus behandelt haben, ist "Spell 31" ihrer Aussage nach mehr auf Harmonie, Heilung, aber auch auf die Kraft der Geschwister fokussiert. Das konnten wir bereits im Song "Sister 2 Sister" hören. Mit dem Albumrelease Anfang Mai ist jetzt auch ein anderes Highlight veröffentlicht worden - "Rise Above", das vorher bereits in den 80ern von einer Punkband gesungen wurde, durch Ibeyi aber noch mal einen komplett frischen Anstrich bekommt. Als Feature ist übrigens der englische Rap-Shootingstar Berwyn dabei.
Musikvideo: Ibeyi - Rise Above
Musikvideo: Aluna & Jayda G - Mine O' Mine
Aluna & Jayda G - Mine 'O Mine
Zwei Alternative-Dance-Masterminds haben sich gefunden. Aluna und Jayda G sind eigentlich dafür bekannt, inzwischen alleine Wege zu gehen. Immerhin war Aluna zum Beispiel lange Teil vom Duo AlunaGeorge und verfolgt gerade Solopfade. Mit der britischen Dance-Produzentin und DJ Jayda G hat sie für den neuen Song "Mine O' Mine" aber eine wunderbare Partnerin gefunden. "Mine O' Mine" trieft vor souligem House, tollen Bässen und einem treibenden Dance-Beat, der im Ohr bleibt. Ob weitere neue Aluna-Songs anstehen, ist zurzeit nicht bekannt. Unüblich wäre es jedenfalls nicht - ihr Solo-Debüt liegt jetzt auch schon bald zwei Jahre zurück.
Chai - Surprise
Gerade noch Feature bei der Londoner Band Superorganism gewesen, meldet sich die japanische Popgruppe Chai auch wieder solo zurück. Obwohl ihr Album "Wink" mittlerweile schon ein knappes Jahr zurück liegt, gibt es weiterhin regelmäßig neues Material, zuletzt noch den Song "Whole", der in einer großen japanischen Abendserie der Titelsong war. "Surprise" geht klanglich denselben Weg. Er ist etwas weniger bouncy und experimenteller, als wir Chai noch auf "Wink" gehört haben, aber dafür etwas ruhiger und glatter. Dabei entsteht aber auch ohne Japanisch-Kenntnisse ein toller Song zum Fallenlassen im Frühling.
Musikvideo: Chai - Surprise
Musikvideo: Das Paradies - Die Dinge, die wir uns sagten
Das Paradies - Die Dinge, die wir uns sagten
Vieldeutig wie ein Zeitungshoroskop und verträumt wie ein Bild von Salvador Dalí. So in etwa ließe sich die Musik von Das Paradies beschreiben. Nach der EP "Die Giraffe streckt sich" und dem Debütalbum "Goldene Zukunft", beides von 2018, erscheint am 3. Juni das zweite Album der Ein-Mann-Band aus Leipzig. Es heißt "Transit" und ist musikalisch wie textlich die logische Weiterentwicklung des ersten Albums. Der Sound klingt immer noch nach leichtem Indiepop, ist aber ein bisschen elektronischer und beatlastiger geworden. Musik und vor allem Text erinnern an die Hamburger Schule oder Musiker:innen wie Peter Licht. Im Song "Die Dinge, die wir uns heute sagten" singt Sänger Florian Sievers von selbsterfüllender Prophezeiung und bleibt dabei ganz selbstreferenziell bei seinem Lied. Seine Aussagen mögen beim ersten Hören vielleicht wirr und aus dem Kontext gerissen wirken, sind für sich aber oft sehr prägnant und eingängig.
Fontaines D.C. - Roman Holiday
Leicht war es für irische Einwander:innen in London nie so wirklich. Auch wenn sich seit den 1960er, beziehungsweise 1980er, Jahren schon so einiges getan hat, scheint es immer noch eine große Sache zu sein. So empfinden das zumindest die Jungs von Fontaines D.C. Sie sind aus der irischen Hauptstadt Dublin in die englische Hauptstadt London gezogen. Besonders Frontsänger Grian Chatten scheint dieser Umzug zu beschäftigen, so sehr, dass er einen Song darüber geschrieben hat. In "Roman Holiday" geht es um den Nervenkitzel, den er verspürt, wenn er mit einer Gruppe irischer Freund:innen durch die beleuchteten Straßen der Großstadt zieht, mit einer Art Geheimsprache zur Verständigung. "'Roman Holiday' makes me think of the wide streets of North London and the urge to discover them at nighttime," schreibt Chatten in einem Statement. Wer Fontaines D.C. live sehen möchte, kann das am 17. Juli in Köln tun.
Musikvideo: Fontaines D.C. - Roman Holiday
Musikvideo: Keg - Kids
Keg - Kids
Was entsteht, wenn ein Jazz-Posaunist, ein ehemaliger HipHop-Produzent und -Gitarrist und fünf weitere Musiker mit unterschiedlichen Einflüssen eine Band gründen? Ein energiegeladener Post-Punk-Sound mit Hang zum Experimentellen oder kurz gesagt, die britische Art-Punk-Band Keg. Humorvoll spielen sie mit Elementen verschiedenster Genres, ohne dabei etwas von ihrem zwar chaotischen, aber immer punkigem Sound einzubüßen. Ein halbes Jahr nach ihrer Debüt-EP "Assembly" haben Sie mit "Kids" eine neue Single rausgebracht. Darin greift Sänger Albert Haddenham klischeehafte Sätze, die von nervigen Kindern und deren genervten Eltern stammen könnten, auf und führt zwischen ihnen einen gereizten Dialog.
Mia Morgan - Von Außen
"Von Außen" aus Mia Morgans Debütalbum "Fleisch" klingt wie eine Hymne auf JOMO (Joy of Missing Out) und ist damit ein perfekter Closer für das Album. In der Poprock-Nummer mit Poppunk-Einflüssen singt Mia Morgan nämlich: "Heute ist leider schlecht / Ich bleib' lieber im Bett / Verlasse ich das Haus / Erwarte ich Applaus / Wie soll ich sein? Am allerliebsten bin ich doch allein". Das ständige Unterwegssein und die Konfrontation mit neuen Leuten kann anstrengend sein und erfordert manchmal eine Pause. Live-Konzerte vernachlässigt Mia Morgan deshalb aber trotzdem nicht. Mit "Fleisch" spielt sie momentan ihre erste eigene Tour.