brandneu auf der [97.1]

Auf den ersten Blick, beziehungsweise das erste Hören, erscheint die Musik von Blondshell oft ziemlich entspannt, beinahe fröhlich, und die Indie-Gitarren sorgen für eine warme Stimmung. Dass das täuschen kann, zeigt ihre aktuelle Single. In "What's Fair" erzählt Sabrina Teitelbaum (aka Blondshell) von einer komplizierten Beziehung zwischen Mutter und Tochter, und meint zu dem Song: "Ich glaube, dass jede Beziehung zwischen einer Mutter und einer Tochter von Natur aus kompliziert ist. Vielleicht liegt es an meiner eigenen Beziehung, die auf einer Menge Trauma und Verlust beruht, aber ich glaube, sie ist immer verwirrend. Was darf man erwarten, was ist normal, welches Verhalten eines Elternteils ist in Ordnung oder nicht in Ordnung usw.?" Antworten auf die vielen Fragen, die sie sich beim Songwriting gestellt hat, hat Blondshell nicht gefunden, aber vielleicht finden Hörende ja Antworten für sich in Blondshells Musik.

Ursprünglich aus Dublin, bereits länger in London wohnhaft, hat sich Orla Gartland seit Jahren eine große Fanbase im Indie-Sektor aufgebaut. Insbesondere in Großbritannien ist ihr rauer, teils anarchistisch-chaotisch wirkender Sound besonders gefragt. Kaum zu glauben, dass ihr Durchbruch trotzdem über das Internet kam. Ihr neues, jetzt zweites Album "Everybody Needs A Hero" kommt am 4. Oktober raus und schickt einen knappen Monat vorher einen neue Vorboten raus. Mit "Late To The Party" hat Orla Gartland nicht nur alleine ein richtiges Indierock-Brett erschaffen. Beim Song war auch ihr guter Kumpel Declan McKenna beteiligt. Orla selbst sagt zum Song übrigens, dass der Song sie selbst aktuell am besten beschreiben würde. Viel Energie, etwas chaotisch, aber einfach ein guter Song.

Nostalgie, heißt es oft, ist ein Gefühl für ältere Menschen, die den spannendsten Teil ihres Lebens schon hinter sich haben. Dass auch jüngere Menschen Nostalgie empfinden, hier und da, und auch sie sich an schöne, vielleicht manchmal sogar bessere Zeiten erinnern können, dafür ist Telquist der beste Beweis. Der Regensburger beschreibt sich selbst als "chronisch nostalgisch" und hat mit "Like It Was" diesen Gefühlen einen eigenen Song gewidmet. Die Vibes stimmen wie immer bei Telquist, und so liefert der Musiker den Soundtrack zum Sommerausklang, zu dem wir mit einem frohen und einem wehmütigen Auge auf die vergangenen Monate zurückblicken können.

Tausendsassa, Jack of all trades, Hansdampf in allen Gassen - Leute, die besonders viel machen, haben schon seit Jahrzehnten Namen in Wörterbüchern. Sophie Lindinger und Marco Kleebauer könnte man ruhigen Gewissens als Bild direkt daneben packen. Denn die beiden Österreicher:innen sind seit vielen Jahren sehr busy. Sophie ist das mit ihrer Band My Ugly Clementine, Marco als Producer und Mitglied von Sharktank. Aber beide haben zusammen auch die Band Leyya, die seit knapp zehn Jahren besonders in Österreich sehr erfolgreich ist. Seit Ende August gibt es jetzt ein neues Album der beiden. Eines, das wieder vor vielen verspielten Electropop-Songs mit Urban-Touch strotzt. Unser Tipp ist das sehr eingängie "Hundred Or More".

Straight outta Berlin (Wilmersdorf) sozusagen ist mit Ski Aggu in den letzten beiden Jahren von null auf hundert einer der größten Deutschrap-Stars entstanden. Der Mann mit der Ski-Brille ist für viele manchmal etwas drüber, hat aber einen echten Kultstatus mit seinen humorvollen und trotzdem nachdenklichen Texten. Er ist so bekannt, dass es mittlerweile für Aggu komplett normal ist, auch mal in Kroatien auf einem Festival zu spielen. Ski Aggu ist kein normaler Rapper, das hört man auch auf dem neuen Album "Wilmersdorfs Kind". Natürlich gibt es die bekannten Party-Banger, aber auch nachdenkliche Klänge und sogar Anflüge von Indie (in "Bye x3" labelt Ski Aggu sich sogar selbst als Indie-Rapper). Ganz neu vom Album ist jetzt der Song "Immer", den er mit dem Newcomer Makko aufgenommen hat. Den kennen viele noch vom TikTok-Hit "Nachts wach" mit Miksu/Macloud.

Der Sommer endet langsam, die Luft wird kühler und ein neues Jahr in der High School fängt wieder an. Dazu kreiert Tommy Richman nostalgischen 90er-R'n'B mit einem Hauch vom typischen High School-Leben wie in den amerikanischen Filmen "Clueless" oder "Mean Girls". Tommy Richman geht sicher, dass dieses Lied, "Thought You Were The One", ein gewisses Gefühl von Melancholie hervorruft. Es ist ein Lied, zu dem man sich kurz vor Semesterbeginn hinsetzen und durch alle sonnigen Erinnerungen und Erfahrungen aus den Semesterferien gehen kann. Der Sänger hat dieses Jahr seinen Durchbruch mithilfe von "Million Dollar Baby" gestartet, einem viral kursierenden Song auf TikTok, und mit 37 Millionen Zuhörer:innen monatlich auf Spotify. Am 27. September erscheint zusätzlich noch sein erstes Album. Ein aufregendes Jahr für den 24-jährigen Sänger.

Das Paket mit den eigenen Ängsten und Fehlern, Gedanken und Träumen mit sich herumzutragen, gehört für viele zum alltäglichen Wahnsinn dazu. Der niederländische Künstler Blaudzun hat sich dazu entschieden, einen Schnitt zu machen und vieles von dem, was da in dem Paket auf seinen Schultern ist, in einem großen Feuer zu verbrennen. Damit schafft er sich Platz, vielleicht sogar die ein oder andere alte Liebe wieder aufleben zu lassen. Er erzählt: "'Bonfire' is the song I have worked on the longest. It deals with shaking off the demons and the emotional baggage and fears that prevent you from living life in a free and enjoyable way. Throw those things away and burn them in a big bonfire is the punchline."

Gemeinsam mit dem Song "Flaws" kündigt die Wiener Gruppe Gardens auch ihr gleichnamiges Debütalbum, das am 1. Oktober erscheinen soll. Mit etwas täuschend komplizierten Arrangements belichten sie psychische Gesundheit und schwere Übergangsjahre der Jugend mit etwas Herzschmerz. "Flaws" - versteckte Narben unter einer schimmernd täuschenden Oberfläche, ein Pflaster für den Heilungsprozess. Gefesselt wird man beim Zuhören von den Indie-Klängen und lofi-Beats mit tiefgründigem Songtext - eine träumerische Kombination.

Nach langer Zeit ist Sofie Royer zurück, dieses Mal aber alleine. Die österreichisch-iranische Sängerin und Songschreiberin hat 2022 ihr Album rausgebracht und seitdem nur einen Solo-Song veröffentlicht. Sie kollaborierte zuvor mit Künstler:innen wie Lewis Of Man oder Alexander Dexter Jones. Ihr neues Lied kommt den Sounds von ihrem Album "Mio" sehr nah. "Young forever but I'm also dying" - textlich ein Blick in die Zukunft und die Jugend zugleich. Begleitet wird die Vergänglichkeit von funky Discobeats. Fans können sich schon mal freuen, denn bald sollen noch mehr Solo-Tracks von der Sängerin erscheinen.