Panorama
Kolumbien: Zwischen Narcos und Bucket List-Reiseziel
Spätestens nach der Netflix-Serie „Narcos“ war Kolumbien wieder in aller Munde und hat seitdem mit seinem schlechten Ruf zu kämpfen. Die amerikanische Serie erzählt die Geschichte des Pablo Escobar - eines Drogenbosses, der mächtiger als der Präsident zu sein scheint und über jede Leiche geht, um sein Imperium zu sichern. So ist es nicht verwunderlich, dass das Erste woran die Menschen denken, wenn es um Kolumbien geht, Drogenhandel ist. Kolumbien sei gefährlich, heißt es auch noch heute immer wieder, doch was steckt hinter diesen Vorurteilen?
Die Probleme Kolumbiens sind wesentlich komplexer, als sie in der Serie erscheinen. Die „Narcos-Geschichten“ überschatten den bewaffneten Konflikt, der zwischen der kolumbianischen Regierung und den Guerilla-Gruppen zeitgleich stattfand. Diese haben sich in den 70er-Jahren gebildet, um gegen die Ungerechtigkeit innerhalb der kolumbianischen Bevölkerung vorzugehen. Dabei griffen sie nicht immer auf friedvolle Maßnahmen zurück: Gewalt, Einschüchterung und Entführungen prägten das Land. Die bekannteste Gruppe FRAC (Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens) wollte das bisherige System stürzen und die Eliten enteignen. Die zuerst gefeierte Bewegung begann rapide Schreck und Chaos zu verbreiten. Paramilitäre Gruppen verbündeten sich mit Drogenkartellen, um die Jagd auf die Guerilla-Gruppen aufzunehmen. Zwischen 1958 und 2012 sind aufgrund der Konflikte etwa 218.000 Menschen umgekommen, davon 81 Prozent Zivilist:innen.
Comuna 13 - einst der gefährlichste Ort der Welt
In der Coumuna 13 in Medellin, die einst die höchste Mordrate weltweit aufwies, spazieren heute unzählige Tourist:innen samt Spiegelreflexkameras und Smartphones. Ein Einheimischer erzählt bei einer Tour durch das Viertel, wie Menschen noch vor wenigen Jahren auf diesen Straßen umgebracht und zur Schau gestellt worden seien. Unter den Leichen seien Bomben platziert worden, sagt er. Wenn Behörden die toten Körper beseitigen wollten, wurden sie mit in den Tod gerissen. Zwar wurde im Jahr 2016 ein Friedensabkommen mit der FRAC abgeschlossen, doch Kolumbien verarbeitet die schrecklichen Ereignisse immer noch. Reisende erhalten den Anschein, Kolumbien sei ein durchaus sicheres Reiseziel. In Gesprächen mit Einheimischen wird dieses fragile Bild jedoch schnell zerstört. Vergessen wird oftmals, dass bei der Reise die übliche Route gewählt wird und die Tourist:innen den Großteil des Landes nicht zu Gesicht bekommen Die Guerilla-Gruppen seien heute noch aktiv, genau wie die Kartelle, die weiterhin die Bevölkerung bedrohen, sagt ein junger Kolumbianer. Aber auf Tourist:innen hätten sie es nicht abgesehen, versichert er.
Wut auf die Regierung wieder entfacht
Ende Juli stand das südamerikanische Land wieder in den Schlagzeilen; Bilder wie aus einem Bürgerkrieg prägten die Berichterstattung. Auf ihnen zu sehen: Kolumbianer:innen, wie sie gegen die Steuerreform des rechtspopulistischen Präsidenten Iván Duque protestieren. Nachdem diese zurückgezogen wurde, hörten die Proteste aber nicht auf - die seit Jahren angestaunte Wut über die schlechten Arbeitsbedingungen, ein unzulängliches Renten- und Gesundheitssystem und Angriffe auf Menschrechtsaktivist:innen wird nun nach außen getragen.
Ein Paradis für Backpacker:innen
Wer sich dennoch nach Kolumbien wagt, wird belohnt, denn dieses Land hat unfassbar viele Facetten zu bieten. Kolumbien belegt den zweiten Platz hinsichtlich der Artenvielfalt und ist von der wunderschönen Karibik-und Pazifikküste umgeben. Die Strände sind oftmals menschenleer und der Sand ist weiß. Es wimmelt von günstigen Hostels und die kolumbianischen Spezialitäten wie Empanadas oder Arepas überzeugen durch ihren Geschmack. Die Einheimischen sind herzlich und dankbar für den Tourismusaufschwung, denn damit geht nicht nur der wirtschaftliche Aspekt, sondern auch der der Sicherheit einher. Für Backpacker:innen gelten die goldenen Regeln: Nach Anbruch der Dunkelheit nicht alleine durch die Straßen schlendern, keine Wertgegenstände zur Schau stellen und offizielle Taxis nehmen.