Umwelt
Das Ende der Düsseldorfer Umweltspuren: Und jetzt?
Die Düsseldorfer Umweltspuren – die einen liebten sie, die anderen hassten sie. Nun gibt es sie nicht mehr. Der Überblick.
Die Umweltspuren: Sonderregelungen auf Düsseldorfs Straßen
Sie wurden groß angekündigt, nun sind sie wieder abgeschafft. Die Düsseldorfer Umweltspuren, welche testweise als Maßnahme zu Verbesserung der Luftqualität auf Düsseldorfs Straßen eingerichtet wurden, werden nach zwei Jahren durch andere Maßnahmen ersetzt.
Doch was unterscheidet eigentlich Umweltspuren von herkömmlichen Straßenspuren? Umweltspuren dürfen nur von Bussen, Fahrrädern, Taxen, Elektrofahrzeugen sowie Fahrgemeinschaften befahren werden. Im Laufe des Testversuchs wurde die Maßnahme nochmal verschärft und auch Fahrgemeinschaften wurden vom Befahren der Spur ausgeschlossen.
Die drei Umweltspuren
Seit April 2019:
1) Merowingerstraße (stadteinwärts)
2) Prinz-Georg-Straße (beide Fahrtrichtungen)
Seit Oktober 2019:
3) Zwei Abschnitte:
- Erste Abschnitt beginnt in der Höhe des Südparks bis zur Corneliusstraße
- Zweiter Abschnitt verläuft auf der Kaiser- und Fischerstraße zwischen der Stern- und der Homberger Straße
Der Luftreinhalteplan: Der Weg zur Verkehrswende?
Die Einrichtung der ersten beiden Umweltspuren wurde am 9. Januar 2019 vom Ordnungs- und Verkehrsausschuss und den betroffenen Bezirksvertretungen in einer Sondersitzung beschlossen. Sie ist eine Ergänzung innerhalb des seit Februar 2019 rechtskräftigen Luftreinhalteplans der Stadt. Dieser sieht umfassende Maßnahmen mit dem Ziel vor, die Luftqualität in der Stadt nachhaltig zu verbessern und somit ein Dieselfahrverbot zu umgehen. So sollen unter anderem die Infrastruktur und der ÖPNV ausgebaut und optimiert werden, um die Stadt für Radfahrer und Pendler attraktiver zu machen und eine gleichwertige Alternative zum Auto anzubieten. Die genauen Maßnahmen des Luftreinhalteplans gibt es hier.
Hintergrundinformationen: Drohendes Dieselfahrverbot?
Doch warum kam ein Verbot für Diesel-Fahrzeuge in bestimmten Bereichen der Stadt für die Bezirksregierung nicht in Frage? Der Grund ist Folgender: Ein Dieselfahrverbot sei verhältnismäßig belastend für die Bevölkerung und nur wenig effizienter als die Maßnahmen des Luftreinhalteplans, um die geplanten Schadstoffgrenzwerte zu erreichen. Eine andere Position vertritt die Deutsche Umwelthilfe, die gegen den ersten Entwurf des Luftreinhalteplans klagte und ein zonenbezogenes Dieselfahrverbot forderte. „Die Maßnahme wirkt.“, sagt Robin Kulpa, zuständiger Projektmanager für das Thema der Deutschen Umwelthilfe. Er verweist auf andere deutsche Großstädte, bei denen ein solches Verbot für eine deutliche Verbesserung der Luftqualität sorgte. Um jedoch ein Verbot abzuwenden, kündigte die Bezirksregierung und das Umweltministerium NRW ergänzende Maßnahmen zum Luftreinhalteplan an – darunter auch das Konzept der Umweltspuren.
Umweltspuren: Testbetrieb als Prüfung
Durch die testweise Einrichtung der Umweltspuren erhoffte man sich primär, Erkenntnisse über den Einfluss dieser zur Verbesserung der Luftschadstoffbelastung zu gewinnen. Außerdem sollte geprüft werden, welche Auswirkungen die Maßnahme auf die Fahrzeiten der öffentlichen Verkehrsmittel und die Leistungsfähigkeit des Kraftfahrzeugverkehrs hat. Und schließlich wollte man Praxiserfahrungen sammeln in Bezug auf das Zusammenspiel der zugelassenen Fahrzeuge auf den Umweltspuren. Sind sie aber wirklich so effektiv wie erhofft? Das sind die Potenziale und Kritikpunkte der
Umweltspuren:
Potenzial – „Umweltspuren sind eine sinnvolle und geeignete Maßnahme“
Die Umweltspuren waren mit der Erwartung verbunden, auch nach dem Testbetrieb bestehen zu bleiben. Die Stadt und die Bezirksregierung sahen in ihnen zum damaligen Zeitpunkt großes Potenzial. Auch die Deutsche Umwelthilfe hält das Konzept der Umweltspuren für prinzipiell wirksam: „Umweltspuren sind eine sinnvolle und geeignete Maßnahme zur Förderung von Bus- und Radverkehr sowie zur Reduzierung der Luftschadstoffbehandlung.“, heißt es von Robin Kulpa. Auch hier verweist er auf die Umsetzung in vielen anderen Städten des Landes: „Fast ausnahmslos handelt es sich dabei um Erfolgsgeschichten.“ Schaut man sich konkrete Messwerte an, so zeigt sich, dass es tatsächlich eine Verbesserung der Luftqualität auf den betroffenen Straßen gab: Auf der Prinz-Georg-Straße wurde der Stickstoffdioxid-Wert um zwei Mikrogramm je Kubikmeter gesenkt – sogar um bis zu vier Mikrogramm auf der Merowingerstraße. Diese Erkenntnis ergab sich aus einer Bilanz der Stadt im Februar 2020 nach einer einjährigen Inbetriebnahme der Umweltspuren.
Kritik – „Die Umweltspuren hatten ihren Namen noch nie verdient“
Insbesondere Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller äußerte sich hingegen kritisch zu den Umweltspuren: „Die Umweltspuren hatten ihren Namen noch nie verdient. Sie verursachen Staus und damit starke Emissionen und sind schlecht für die Umwelt, schlecht für die Wirtschaft und äußerst nervenaufreibend für uns alle.“ Außerdem seien sie ein „starres Instrument, mit dem nicht auf sich verändernde Verkehrssituationen wie in der aktuellen Corona-Krise reagiert werden kann.“ Professor Heiner Monheim kritisierte bei WDR 5 Quarks außerdem, dass sich Busse und Fahrräder auf einer Spur nicht vertragen würden. Zudem sei der Effekt bei einzeln isolierten Umweltspuren – wie sie im Düsseldorfer Testbetrieb vorherrschten – sehr gering: „Davon braucht man eher 30,40,50…“ Eine ausreichende Veränderung ist laut Monheim erst in einer systematischen Umsetzung möglich.
Abschaffung der Umweltspuren – stattdessen intelligentes Ampelsystem
Am 1. März 2021 wurden die Umweltspuren endgültig aufgehoben. Damit setzte Oberbürgermeister Stephan Keller eines seiner Wahlversprechen um. Doch welche Alternativen folgen nach der Abschaffung? Eine Maßnahme soll unter anderem der Einsatz einer intelligenten Ampelschaltung sein. Die Stadt erklärte die Maßnahme auf Anfrage der cm3-Redaktion so: „Über Ampelsteuerung wird der Verkehr so gesteuert, dass er auf den besonders belasteten Streckenabschnitten
mit der Luftbelastung noch gut zu vereinbaren ist – und alle Grenzwerte eingehalten werden.“ Das soll vor allem in Stoßzeiten den Verkehr steuern und Rückstaus vermeiden. Das heißt konkret, dass nur so viele Autos in die Stadt gelassen werden wie es die Stickstoffoxid-Werte zulassen. So sind beispielsweise die Grünphasen kürzer, wenn viele Autos auf der Straße sind. Auch diesem Vorgehen steht die Deutsche Umwelthilfe eher skeptisch entgegen. Sie befürchtet, dass es zu gleichen Stauproblemen wie bei den Umweltspuren kommt. Robin Kulpa betont: „Nach Auffassung der Deutschen Umwelthilfe ist das nicht notwendig. Für die Luftqualität ist es relevant, dass die Zahl an besonders schmutzigen Autos […] reduziert wird.“ Das intelligente Ampelsystem wird zunächst als Modellprojekt starten. Oberbürgermeister Keller ist optimistisch: „Dieses Modellprojekt wird neue Maßstäbe setzen.“
Fazit
Umweltspuren können eine wirksame Maßnahme zur Verbesserung der Luftqualität sein – so zeigen es auch andere deutsche Städte. Dies muss aber in umfangreichem Maße geschehen und nicht in Form von einzelnen Umweltspuren, die streckenweise eingesetzt werden. Erst dann kann man überhaupt von einem nachhaltigen Effekt auf die Luftqualität sprechen. Ob die Maßnahme einer intelligenten Ampelsteuerung einen besseren Beitrag zur Luftschadstoffreduzierung leisten wird, ist noch ungewiss. Auch wenn sich unterschiedliche Methoden auf dem Weg dorthin gegenüberstehen, ist das Ziel letztendlich für alle Akteure dasselbe: die Verkehrswende.