Umwelt
Eine Reparatur schützt Natur und Kinder
Ein Bericht von Jonas Kneis
Weltweit gibt es immer mehr Elektroschrott. In Deutschland wird nur knapp die Hälfte der alten Elektronik recycelt. Der Rest wird in Entwicklungsländer verschifft und landet dort über Umwege in der Natur. Wo der Staat aktuell noch scheitert, müssen private Initiativen aushelfen.
Riesige Rauchschwaden ziehen über die Wellblechhütten. Kinder balancieren Monitore auf ihren Köpfen und tragen sie zu riesigen Bergen aus Elektroschrott. Andere Kinder holen die Monitore ab und werfen sie ins Feuer. Alle Beteiligten atmen giftige Dämpfe ein, die bei der Verbrennung von Plastik und Computerchips entstehen. Solche Szenen sind Alltag in Agbogbloshie, einem Viertel von Ghanas Hauptstadt Accra. In Deutschland werden nur knapp 50 Prozent des E-Schrotts recycelt – und ist damit schon in der Weltspitze. Verwenden reiche Industriestaaten ihre alte Elektronik nicht selbst vor Ort weiter, landet sie fast immer in den ärmsten Ländern der Welt.
25 Prozent Steigerung in Sechs Jahren
Weltweit gibt es immer mehr Elektronik und dadurch auch immer mehr E-Schrott. Zwischen 2014 und 2020 ist die weltweite Menge um 25 Prozent gestiegen. In Deutschland produziert jeder Mensch schätzungsweise 16,2 Kilogramm E-Schrott pro Jahr. Von diesen werden laut UN 52 Prozent weiterverwertet, manche Expert:innen schätzen die Recyclingquote sogar nur auf 37 Prozzent. Mindestens die Hälfte der Rohstoffe wird also verschwendet. Ein neues Gesetz soll Abhilfe schaffen: seit kurzem ist es möglich, defekte Elektronik auch im Supermarkt oder Fachgeschäften wie Media-Markt oder Saturn abzugeben.
Hochschulen hinterlassen Berge an Elektronik
Den meisten E-Schrott produzieren jedoch nicht Privatpersonen, sondern Firmen und Institutionen. Die HHU zum Beispiel kam im Jahr 2021 auf ganze 18 Tonnen Elektromüll, so Pressesprecher Achim Zolke. Das entspricht in etwa dem Müll von 1.100 Personen. Diese Zahlen verdeutlichen noch einmal, dass jeder Mensch neben „privatem“ E-Schrott auch „beruflichen“ produziert.
Die Zahlen des Recyclinghofs in Flingern verdeutlichen das generelle Problem mit alter Elektronik: hier werden jedes Jahr mindestens 1.300 Tonnen E-Schrott abgegeben – also 1,3 Millionen Kilogramm. Jede Woche füllt sich hier mindestens ein Container mit Kleinstelektronik wie Kabeln, Ventilatoren oder Küchengeräten. Bei Computern, Monitoren und Fernsehern kommen pro Jahr knapp 18 Container zusammen, berichtet Ralf Böhme vom Betreiber AWISTA. Die Recyclingcontainer vor Ort haben ein Fassungsvermögen von 37 Kubikmetern, was ungefähr 15 Quadratmetern entspricht – also ein ganzes WG-Zimmer voller Ladekabel.
Recyclinghof in Düsseldorf-Flingern
Recyclinghof in Düsseldorf-Flingern
Mo-Sa 8 bis 18 Uhr, letzter Einlass 17:45 Uhr
Adresse: Flinger Broich 15 40235 Düsseldorf
Weitere Infos gibt es hier
Nach wie vor braucht es private Initiativen
Da die staatlichen Bemühungen bislang noch nicht ausreichen, kommt es nach wie vor auch auf private Initiativen an. Besonders wirkungsvoll sind hier Repair-Cafés, bei denen man sich zu Kaffee und Kuchen trifft, um gemeinsam mit Expert:innen seine defekten Geräte zu reparieren – denn am umweltfreundlichsten ist immer noch jener E-Schrott, der gar nicht erst entsteht.
Eine weitere Option sind auch Initiativen wie das Projekt „Labdoo“. Diese bringt weltweit alte Laptops wieder zum Laufen und stellt sie Schulen dann kostenlos zur Verfügung. Auch Privatpersonen können hier ihre alten Geräte spenden. 2021 konnte die Initiative mit ihren Reparaturen ca. 300 Tonnen Co2 einsparen. So schafft das Projekt eine Win-Win Situation: mehr Nachhaltigkeit und mehr Bildung für benachteiligte Kinder in der ganzen Welt. Kindern, wie jenen in Agbogbloshie.
Repair-Cafe "GarageLab"
Repair-Cafe "GarageLab"
Jeden letzten Samstag im Monat, jeweils von 14-18 Uhr.
Rather Str.25 40476 Düsseldorf-Derendorf.
Mehr Infos gibt es auf der Website
Initiative "Labdoo"
Initiative "Labdoo"
Die Initiative akzeptiert Laptops und Tablets ab dem Baujahr 2007
Mehr Infos auf der Website der Initiative
und auf Wikipedia
Für alle gibt es noch viel zu tun
Es bleibt festzuhalten: E-Schrott ist ein ernsthaftes Problem für Mensch und Natur. Um den Klimawandel zu verhindern, müssen wir auch das Problem mit dem E-Schrott in den Griff kriegen. Dass Deutschland mit einer Recyclingquote von nur 50 Prozent bereits zur Weltspitze gehört, zeigt wie viel Arbeit noch vor allen Beteiligten liegt, also den Regierungen, Produzenten, Großkunden – und auch uns Konsumenten. Zur Lösung des Problems muss eben schlichtweg weniger E-Schrott produziert werden, was man als Konsument:in mit dem eigenen Kaufverhalten beeinflussen kann. Wenn man Geräte bis zum endgültigen Defekt nutzt und anschließend versucht diese reparieren zu lassen, kann man bereits viel für die Umwelt tun. Erst wenn die Geräte wirklich nicht mehr zu retten sind, sollte man ein neues kaufen – denn die umweltfreundlichste Elektronik ist nach wie vor die, die gar nicht erst hergestellt wird.